Hotelbau zwischen Traum und Wirklichkeit

Rede zum Opening Posthotel Löwen Mulegns

Mai 15 2022
Als Hotelière und Tourismusunternehmerin hat Bettina Plattner-Gerber im Laufe der Jahre, in denen sie im Engadin lebt, arbeitet, Konzepte und Hotels aufbaut die starke Überzeugung gewonnen, dass Tourismus immer eine kulturelle Dimension und Kultur eine touristische Dimension hat. Hier ein Auszug aus Ihrer Rede anlässlich der Eröffnung des Post Hotel Löwen in Mulegns vom 4. Juni 2021.
Bettina Plattner

Der Reisende war und ist immer auf der Suche. Auf der Suche nach Abwechslung, nach Veränderung, nach Entwicklung. So auch hüben und drüben vom Julierpass.

Kunst, Kultur und Architektur sind aus touristischer Sicht bedeutende Inhalte, welche einen Ort besonders interessant machen und Gäste und Medien zu jeder Jahreszeit ansprechen.

Die heutige Eröffnung des Posthotel Löwen bietet eine perfekte Darstellung dieses Zusammenhangs: Reisen und Gastgeberschaft, Literatur, Forschung, Kunst und Kultur in all ihren Facetten verschmelzen in Mulegns zu einer geballten Kraft. Was für ein Glück, dass das Passdorf auf dem Weg ins Paradies aufersteht, um weiterhin Kultur- und Tourismusgeschichte zu schreiben.


Es ist wunderbar im Post Hotel Löwen, die neuen Räume zu erleben und neues Leben zu spüren. Dasselbe passiert in Pontresina: gemeinsam mit dem Architekten Gion A. Caminada bauen wir das neue Hotel Maistra. Am Ort des ehemaligen Hotel Post schaffen wir neue Räume, eine neue Hotelwelt, neues Leben. Vielleicht gelingt es, auch in Pontresina ein Stück Tourismusgeschichte zu schreiben – wir hoffen es!


Von der Vorgehensweise her besteht ein grosser Unterschied zwischen dem Hotelbau durch Sanierung alter Bausubstanz und Neugestaltung historischer Räume wie in Mulegns und dem Bau eines Hotels auf der grünen Wiese in Pontresina. Der Entwicklungsprozess ist für mich manchmal fast schmerzhaft, denn mein Vorstellungsvermögen ist stark gefordert. Die bestehende Bausubstanz, der Geist und die Geschichte, an der ich mich orientieren könnte, existieren nicht. Diese beginnen ja erst …

Was uns verbindet, lieber *Giovanni, sind die Faszination und die grosse Lust daran, Neues zu schaffen und dabei auch widrige Umstände zu überwinden, die Nerven zu behalten und nicht aufzugeben, auch wenn es oft zäh ist und Jahre dauert. Vor allem aber verbindet uns der Mut und der Glaube an die Zukunft, den es braucht, um ein neues Hotel zu bauen bzw. ein Altes auferstehen zu lassen. Die Überzeugung, dass die Vision gut ist, treibt uns an. 


Gion Caminada hat am Montag auf dem Weg von Pontresina nach Vrin in Mulegns angehalten. Eine seiner ehemaligen ETH Architekturstudentinnen war zufällig vor Ort und hat ihm das Haus gezeigt. Gion A. Caminada hat uns darauf geschrieben: 

«Das Haus ist beeindruckend. Bei der Begehung konnte ich mir das Lebensgefühl des damaligen Mulegns deutlich vorstellen. Wie Architektur in einer Wechselbeziehung zum Leben stand, wie die Architektur die Ereignisse gestützt hat, wie Architektur den Ort bestimmt hat. Ich sah unser Hotel Maistra auf der anderen Seite des Berges ganz anders. Es war wie im Traum. «Traum» habe ich auf den ersten Skizzen zu Eurem Hotel fett notiert. In Mulegns habe ich gespürt, dass wir gut unterwegs sind. Ich habe gespürt, was Architektur zu leisten vermag. Giovanni lässt nicht nur den damaligen Ort aufleben, er schafft in der Gegenwart wieder einen starken Ort. Sag Giovanni danke. Seine Initiative kann nicht genug gewürdigt werden!»

Lieber Giovanni: Zu Deinen Visionen und Deinem Zukunftsglauben und vor allem Deinem Können, in unserem kulturell so reichhaltigen Kanton seit Jahren wirklich Grosses zu leisten und enorm zu einem interessanten Tourismus beizutragen, gratuliere und danke ich Dir von Herzen und wünsche Dir und allen Beteiligten Stolz und grosse Freude!


*Giovanni Netzer hat die Wiederbelebung des Post Hotel Löwen in Mulegns iniziert und so neues Leben ins Dorf Mulegns gebracht.